Ein Bericht von Jule
Wusstet ihr, dass die Hauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern von Slawen bewohnt wurde bis die Großherzogen im Zeitalter der Christianisierung das Land und damit auch die Burginsel einnahmen? Ich auch nicht. Interessant ist es aber für mich als Geschichtsinteressierte immer, wer schon vor hunderten von Jahren vor mir in den Seen geschwommen sind, in denen ich heute mein Unwesen mit mehreren hundert anderen Menschen treibe.
Keine Angst, es gibt jetzt keinen Geschichtsunterricht. Heute dürft ihr nocheinmal mit mir zusammen miterleben, wie für mich das 16. Schweriner Schlossschwimmen am 8. August 2021 war. Die morgendliche Hinfahrt mit Papa und zu meiner freudigen Überraschung auch mit meiner kleinen großen Schwester wurde von bestem Sonnenschein begleitet. Papa hat uns wie immer sicher und zügig zum Start gebracht, immerhin ist er der Zeitmesser, auf den wir alle vertrauen und bauen, dass wir am Ende unsere Zeiten kennen. Angekommen am Schweriner Burgsee, direkt bei den Fontänen, die heute für uns pausierten, ging der erste Nieselregen schon los. Jetzt hieß es schnell unterstellen und warm bleiben.
Angi und Tobias und waren auch wieder pünktlich wie die Maurer und so hatte ich wieder alle Sicherheiten um mich herum, die ich brauchte für einen positiven Auftakt vor dem Start in das nächste aufregende Freiwasserschwimmen. Startunterlagen abgeholt, richtige Größe vom wundervollen Finisher Shirt abgecheckt, Transponder umgemacht und los ging es.
Nicht so schnell! Meine Schwester brauchte ihre auch noch. Also nochmal zurück und ihre abholen und dafür sorgen, dass sie ihre Startnummer auf den Arm geschrieben bekommt, wie wir alle. Ich war sehr beeindruckt, ohne Training traute sie sich mitzuschwimmen. Sie beklagte sich über Müdigkeit und auf einmal merkte ich, wie mir noch das Müritzschwimmen vom Vortag in den Knochen und Muskeln hing. Kein angenehmes Gefühl, aber ich hatte heute absolute große Motivation, das Rennen richtig zu rocken und alle hinter mir zu lassen. Immerhin waren es nur 2km. Einmal um das wunderschöne Schloss, welches dank den darauf scheinenden Sonnenstrahlen immer wieder erneut seinen puren, goldenen Glanz zeigte. Wunderschön!
Ob der Burgsee auch so wunderschön war? Eher nicht. Um 11 Uhr war dann auch der Start geplant. Kurz vorher haben wir vom PSV Schwerin e. V. mit einem großen Plakat die Streckenführung erklärt bekommen. Kann ja nicht so schwer sein, um ein Schloss zu schwimmen, oder? Wichtig ist immer, zu welcher Seite man die Bojen lassen sollte. Erst rechts von mir, kurz vor Ende links von mir. Ich war etwas verwirrt, aber was solls. Das wird schon. Meine Motivation steigerte sich von Minute zu Minute immer mehr! Kurze Absprache mit meiner Schwester, wie wir das Rennen angehen. Sie entspannt Brust, ich Kraul volle Power. Ab ins Wasser. Angi, Tobi, Inga und ich waren schön beieiander, da kann nichts schief gehen. Brille noch festgezurrt und PENG! Los!
Ein, zwei, drei – atmen und nicht unterkriegen lassen. Leichter gesagt als getan. Die ersten 200m hatte ich damit zu kämpfen, dass mein Nebenan nicht von meiner Seite wich und mich mit seinem rechten Armschlag immer wieder fast ertränkte. Na warte, dir zeig ich es! Beine auf Turbinenpower geschaltet, Armkraft auf maximal gestellt und weg war er. Die erste Burgbrücke, unter die wir durchschwammen, war voller Menschen, die uns anfeuerten. Toll! Das hat mir bei den letzten Freiwasserschwimmen wirklich gefehlt. Ich schwamm voller Stolz weiter – doch dann, schnelle Arme nach links. Denn ansonsten wäre ich volle Lotte in den Seerosenmatsch gelandet. Das war knapp.
Mit jeder Rechtsatmung sah ich das Schloss. Vom Wasser aus erstrahlte es irgendwie nochmal in einem ganz anderen Glanz. Schöner als vom Festland. Von dieser Perspektive aus sehen es sicher nicht viele Menschen. Das Schloss und die Sonne versetzten mich so in Trance, dass ich fast die gelbe Boje übersehen hätte, die weiter draußen auf dem Schweriner See gesetzt wurde. Ein Glück habe ich mich noch wachgerüttelt und bin direkt drum herumgeschwommen. Es war mein viertes Freiwasserschwimmen und ich muss euch sagen: Ich habe die Bojen Wendungen langsam echt drauf, ohne dabei Zeit zu verlieren!
Doch wir waren noch lange nicht am Ziel. Circa 1,2km dürften zu dem Zeitpunkt schon geschafft sein. Also nur noch 800m. Ich hatte ein extrem schnelles Gefühl. Es flutschte einfach nicht. Schwupps, fast wieder eine Boje ausgelassen. Diesmal wurde ich fast weggedrängt vom nächsten Nebenmann. Aber nichts da. Kurz drei Züge zurück und richtig dran vorbei. Die letzten 400m standen an und ich wollte alles erreichen was geht. Ich hatte mich einfach zu gut gefühlt an dem Tag, um irgendwelche Treppchenplätze zu verpassen. Also nochmal alle Kraft zusammengesammelt, dass es die letzten Meter so schnell vorbeiging, dass ich ganz verwundert war, plötzlich schon am Ziel zu sein.
Beim Ausstieg wurde uns an der Rampe hochgeholfen und kaum stand ich wieder auf meinen Füßen, merkte ich, dass ich dringend Zucker brauchte, um nicht umzukippen. Zum Glück war alles bestens organisiert und wir bekamen im Zielbereich alles, was wir brauchten. Zuckertee, Bananen, Kuchen und alkoholfreies Bier. In mein Handtuch gewickelt, suchte ich sofort Angi und Tobias. Die Zwei standen ganz am Rand des Zielgeländes und unterhielten sich mit einem Pärchen. ÜBERRASCHUNG! Unser lieber Andreas und seine Frau haben uns besucht und von der Brücke aus bejubelt. Und wenn sie schon mal da waren, wollten sie natürlich auch Hallo sagen. Auch wenn ich persönlich in Berlin nicht so viel Zeit mit den beiden verbracht habe, wie viele andere Vereinsmitglieder von uns, war es eine sehr große Freude die beiden zu sehen. Natürlich waren sie auch nicht unvorbereitet. Die PSV Flagge wurde uns für das Foto direkt vorgehalten, PSV Basecaps aufgesetzt und erstmal ein Schnappschuss für das Erinnerungsalbum geknipst.
Somit war auch dieses erfolgreiche Freiwasserschwimmen besiegelt. Meine liebe Schwester kam ebenfalls kurz nach uns ins Ziel und ich war super stolz auf Sie! Meine Schwimmmami Angi und ich hatten Podiumsplätze ergattert und ich muss sagen, das war neben dem Greifswalder Boddenschwimmen das schönste von meinen vier diesjährigen Freiwasserschwimmen! Danke liebe Freunde vom PSV Schwerin e. V. für diese mega Veranstaltung. Die Kulisse um das Schweriner Schloss kann ich nur jedem empfehlen und wer Lust auf eine kleine schnelle wilde Wasserschlacht hat, sollte dieses Rennen nicht missen.
Für mich war es wieder ein sehr märchenhaftes Rennen und ich freue mich schon auf das nächste im nächsten Jahr, wenn wir wieder versuchen, vom Burgsee aus das Schloss zu erobern!
Eure Jule